Mittlerweile ist es eine gute Tradition, unser Clara-Grunwald-Tag. Die 5.-Klässler unserer Freien Montessori Grundschule Hangelsberg und der Clara Grunwald Schule Kreuzberg veranstalten in diesem Jahr ein Projekt rund um das Thema „Jüdisches Denkmal Neuendorf“. Ein sehr besonders Projekt mit ereignisreichen und bewegten Tage für die Schülerinnen und Schüler sowie für alle Beteiligten.
Auf den Spuren Jutta Baumwols
Auf den Spuren seiner Schwester Jutta Baumwol kam der Zeitzeuge Itzhak Baumwol zusammen mit seinem Sohn bei der Ausstellungseröffnung „zwischen / raum – Jüdisches Landwerk Neuendorf“ 2017 nach Neuendorf. Dort regte er ein Denkmal für seine Schwester an.
Der Verein Kulturscheune Neuendorf in Sande e. V. mit dem Vorsitzenden Arnold Bischinger nahm sich dieser Aufgabe an und konnte innerhalb eines Jahres dem Wunsch der Familie Baumwol entsprechen.
Anlässlich des Clara-Grunwald-Tages war Itzhak Baumwol nach Neuendorf eingeladen, um gemeinsam das Denkmal seiner Schwester einzuweihen. Itzhak und seine Familie nahmen gern den langen und schweren Weg auf sich, um an diesem Tag dort sein zu können.
Projekttage beginnen
Am Sonntag, dem 17. Juni 2018, fand eine Begrüßung in Sinne einer „Mitbringparty“ in der Kulturscheune in Neuendorf im Sande statt. Dort gaben die Schulen, die zukünftigen Gutseigentümer, der Verein und weitere Akteure ein herzliches Willkommen. Am Montag, dem 18. Juni, besuchte die Familie Baumwol die Clara Grunwald Grundschule Berlin Kreuzberg und das St. Marien Gymnasium in Berlin Neukölln.
Am Dienstag, dem 19. Juni 2018, haben wir Itzhak und seine Familie dann an unserer Montessori Grundschule Hangelsberg, auf dem Montessori Campus Hangelsberg Clara Grunwald, begrüßt. Unser Kinderchor begrüßte unsere Besucher mit fröhlichen Liedern. Anschließend führten unsere beiden Schülersprecher die Familie durch unsere Schule.
Als Erstes wurde der „Rosa Turm“ mit Themen zum jüdischen Leben, dem Holocaust und der Montessoripädagogik gezeigt und erklärt. Dann ging es in die verschiedenen Räume, wie den Musikraum, das Atelier sowie weitere. Unsere beiden Schulsprecher erklärten Materialien und zeigten, wie hier der Unterricht gestaltet wird. Herr und Frau Bischinger übersetzten teilweise das Gesprochene für die Familie ins Englische.
Nach der Erklärung des Aboretums ging es in den Sprachraum. Dort konnten sich alle erst einmal stärken, etwas trinken und ausruhen. Anschließend hatten unsere Schülerinnen und Schüler noch die Möglichkeit, Itzhak Fragen zu seinem Leben zu stellen, was sie gern mit großem Interesse und Wissbegierde taten.
So ging für alle ein ereignisreicher und bewegender Tag zu Ende.
Einweihung des Denkmals
Am Mittwoch, dem 20. Juni 2018, halfen alle früh in der Kulturscheune in Neuendorf im Sande. Unsere Schülerinnen und Schüler sowie die der Clara Grunwald Grundschule Berlin Kreuzberg hatten nochmals die Möglichkeit, Fragen zu stellen und vom vergangenen Tag zu erzählen. Während sich Itzhak und Familie noch ausruhten, die Gegend genossen und Gespräche führten, ging es für die Schülerinnen und Schüler zum Weg des Gutshofes. Dort wurde die Installation der Namensallee geübt und die Technik geprüft. Itzhak, seine Familie, Familie Weilbach vom Kräuterhof und Familie Bischinger trafen an dem Weg ein.
Nach der Eröffnungsrede von Herrn Bischinger, der noch einmal erzählte, wie alles begann, war es soweit. Die Schülerinnen und Schüler nahmen Aufstellung in Reihen hintereinander. Je ein Kind trat nach vorn ans Mikrofon. Jedes Kind nannte 1 bis 3 Namen ehemaliger Mitglieder des Hachschara-Lagers in Neuendorf im Sande, welche zwischen 1942 und 1943 nach Auschwitz und Theresienstadt deportiert wurden. Waren die Schülerinnen und Schülern mit dem Vorlesen der Namen fertig, ging im Hintergrund eine Reihe mit selbst gefertigten Fahnen nach oben. So entstand eine Namensallee zum alten Gutshof.
Nach der Namensallee-Installation hielt unser Landrat, Rolf Lindemann, eine ergreifende, geschichtlich aufgreifende und vor allem an die Kinder gerichtete Rede. Es ist die Rede davon, dass man sich solche Gräueltaten heute nicht mehr vorstellen kann und dass Kinder die Zukunft sind und sie ihre Zukunft selbst gestalten. Natürlich auch über Jutta Baumwol geschichtlich erzählt und was sie für das Denkmal bedeutet. Nach dieser zu Herzen gehenden Rede bedankte sich Itzhak Baumwol herzlich bei den Rednern.
Denkmal für Jutta Baumwol
Dann war es soweit. Herr Bischinger, Itzhak und seine Familie enthüllten endlich das Denkmal, das in Anlehnung an die persönliche Geschichte von Jutta Baumwol steht. Die lebensgroße Silhouette steht nun und für alle Zeiten sichtbar am Wege.
Sie hält Ausschau, ihren linken Arm in die Seite gestützt, der rechte Arm am Körper und ein Bein leicht hinter dem anderen, wirkt sie wie „nach getaner Arbeit“. Sie hält ihren Blick Richtung Horizont – in Ausschau, was die Zukunft bringt.
Itzhak Baumwol und seine Familie waren gerührt. In einer kurzen Ansprache richtete er seinen Appell an die jungen Schülerinnen und Schüler: „Solch ein Verbrechen, wie es damals passiert ist, darf nie nie wieder passieren.“
Zum Schluss ehrte er das Vermächtnis Juttas mit dem Anklopfen und Auflegen eines Steines auf das Denkmal. Dies ist eine jüdische Tradition, welcher an diesem Tag nicht nur er und seine Familie nachkamen.
Gemeinsam ging es dann zum Kräuterhof zurück, wo das Team des Hofes frisch gekochte Eier, Nudeln mit Soße und ein leckeres Brot für jeden bereitstellte.
Wir bedanken uns vor allem bei Itzhak Baumwol und Familie für ihre Offenheit und Herzlichkeit, Frauke und Arnold Bischinger, die ihren Hof für diesen Projekttag zur Verfügung stellten, bei den künftigen Gutsbesitzern, den zahlreichen Besuchern, dem Kräuter- und Tierhof sowie der Kulturscheune Neuendorf im Sande für die intensive Unterstützung und die ereignisreichen Tage.
Frau Micheel
Schulleiterin der Freien Montessori Grundschule Hangelsberg
Bilder folgen demnächst…